Die Meißner Heilsarmee-Offiziere Blanca und Gerry Dueck fahren zu Bedürftigen in sechs Städten der Region. Ihr umgebauter Transporter hat sogar einen Andachtsraum.
Kaum hat die „Kirche auf Rädern“ eingeparkt, ist sie auch schon dicht umringt. In dem kleinen Park am Meißner Beyerlein-Platz hat man schon auf das Kirchenmobil gewartet: einen Transporter mit einem ungewöhnlichen Aufbau. Eine „gute Stube“ wird da durchs Land gefahren – mit hölzernen Sitzbänken, einem großen Tisch, einem Bildschirm für Präsentationen. Eine Toilette ist auch eingebaut und – wohl am wichtigsten – eine kleine Küche. Denn in der „Kirche auf Rädern“ werden nicht nur Andachten gehalten. Hier bekommen Bedürftige kostenfrei eine warme Mahlzeit und einen Kaffee.
Im Park am Beyerlein-Platz warten zur Mittagszeit ungefähr zehn bis 15 Leute auf Suppe und freundliche Gespräche. Blanca und Gerry Dueck schöpfen die Teller voll, begrüßen alte Bekannte und Gäste, die zum ersten Mal die „Kirche auf Rädern“ besuchen. Wie geht’s? Wer will noch einen Kaffee?
Die Duecks sind Offiziere der Heilsarmee. Das kanadische Paar baute ab 2001 in Meißen die Gemeinde und das Gemeindezentrum der Heilsarmee auf. Diese Arbeit haben sie an einen Nachfolger übergeben. Holger Schmidt leitet jetzt die Aktivitäten der Heilsarmee in Meißen. „Da hat man es auch mit einer ganzen Menge Bürokratie zu tun“, sagt Gerry Dueck. „Wir wollten jetzt wieder ‚back to the roots’ und das machen, was uns am wichtigsten ist.“ Die Kirche zu den Leuten bringen, so wie es William Booth, der Gründer der Heilsarmee, einst forderte.
Die Idee, dafür eine „Kirche auf Rädern“ zu bauen, hätten sie schon länger gehabt, sagt Gerry Dueck. Aber es sollte nicht irgendein umfunktioniertes Wohnmobil sein. „Wir hätten auch etwas fertig kaufen können. Aber es sollte einfach sehr gut sein.“ Ein Spender unterstützte den Traum der Duecks, machte den Kauf eines „VW Crafters“ und seinen Umbau möglich. Der dauerte fast zwei Jahre. Firmen aus Niedersachsen, die auf den Aufbau von Zirkuswagen spezialisiert sind, fertigten das rollende Gotteshaus. Im Dezember 2014 wurde es in Meißen feierlich eingeweiht und dabei vom früheren Superintendenten Andreas Stempel gesegnet. Die „Kirche auf Rädern“ ist ein gemeinsames Projekt der Heilsarmee und des Meißner Vereins „Lebensfahrten“.
Blanca und Gerry Dueck sind schon seit einigen Monaten „mobile“ Heilsarmee-Offiziere. Seit Juni 2013 bringen sie in sechs Städte der Region regelmäßig Nahrung und seelischen Beistand für Bedürftige. Zunächst in einem Einsatzwagen der Dresdner Heilsarmee. Der sei aber nicht so gut geeignet gewesen, sagt Gerry Dueck. „Da musste man das Essen über einen Tresen von oben zu den Leuten runterreichen. Wir wollten weg vom klassischen Suppenwagen. Wir wollen auf eine Ebene mit den Menschen, die zu uns kommen.“ Trost spenden, Rat geben, auch über Gott reden: Das geht besser, wenn man nah beieinander steht. Es gehe um Nächstenliebe, sagt Dueck. „Für uns ist der christliche Part das Wichtigste, aber wir zwingen niemanden dazu.“
In Meißen, Coswig, Freiberg, Freital, Großenhain und Oschatz macht die „Kirche auf Rädern“ regelmäßig Station. An jedem Ort gäbe es inzwischen Stammgäste, so die Duecks. Bis zu 120 Besucher zählen sie pro Woche an ihrem Mobil: alte und junge, Hilfsbedürftige, Einsame und Migranten. In Freiberg wird das dortige Asylbewerberheim angesteuert. Kontakte gibt es mittlerweile auch zu Kirchgemeinden in den Städten.
Einen „Heimatort“ hat die „Kirche auf Rädern“ jedoch auch. Es ist das Haus Bahnhofstraße 2 in Meißen. Dort kocht oft der 29-jährige „Opti“ die Nudeln oder Suppen für die Einsätze. Ehrenamtlich tut er das: für jede Fahrt rund 40 Portionen. Sind die ausgegeben und verspeist, sorgen Blanca und Gerry Dueck für geistliche Nahrung. „Eine Andacht gehört jedes Mal zu unseren Einsätzen dazu.“ Die „Kirche auf Rädern“ bietet jetzt genug Platz dafür.